Okinawa ist für viele der Inbegriff tropischer Leichtigkeit: weiße Sandstrände, tiefblaues Meer und das entspannte Tempo des Insellebens. Doch wer nur den klassischen Sehenswürdigkeiten folgt – Shuri Castle, Kokusai-dōri oder den beliebten Beach Resorts – verpasst das eigentliche Herz dieser Inselgruppe. Denn das wahre Okinawa liegt abseits der touristischen Route. Versteckt zwischen Dschungelpfaden, in kleinen Dörfern oder an Küstenstreifen, die selbst vielen Einheimischen unbekannt sind.

In diesem Artikel nehmen wir dich mit auf eine Reise zu zehn geheimen Orten, die man nicht in jedem Reiseführer findet – Orte, an denen die Uhren langsamer ticken und das Fernweh Flügel bekommt.


1. Momenbaru Beach (Yomitan)

Weit entfernt von den lauten Stränden im Süden liegt an der Westküste bei Yomitan ein kleiner, fast unberührter Strandabschnitt. Der Momenbaru Beach ist nicht ausgeschildert – man muss ihn kennen oder auf Tipps von Einheimischen vertrauen.
Der Sand ist grobkörniger, das Wasser klar und tiefblau. Keine Liegen, keine Musik, keine Verkäufer. Nur das Rauschen des Ozeans und das Gefühl, weit weg vom Alltag zu sein. Am späten Nachmittag färbt die Sonne die Felsen goldrot – perfekt für einen Moment ganz bei sich.


2. Akabaka Beach (Nakijin)

Im Norden Okinawas, in der Nähe der Ruinen von Nakijin Castle, verbirgt sich dieser abgeschiedene Küstenort. Der Weg dorthin führt durch schmale, von Zuckerrohr gesäumte Straßen. Man glaubt kaum, dass hier noch ein Strand folgt – und doch: Nach einer kleinen Kurve öffnet sich die Bucht wie aus dem Nichts.
Das Meer hier ist still, manchmal fast spiegelglatt. Ideal zum Schnorcheln, aber auch, um einfach im Sand zu liegen und das Nichts zu genießen. Während Touristen sich am Emerald Beach drängen, bleibt Akabaka Beach ein Rückzugsort für Ruhesuchende.


3. Chinen Gusuku & Kakinohana Gusuku – Die vergessenen Burgruinen

Statt der inzwischen abgerissenen Nakagusuku-Hotelruine lohnt sich ein Besuch dieser kaum bekannten historischen Orte im Süden Okinawas. Die Überreste der beiden Gusuku (Burgruinen) liegen nahe beieinander in der Gemeinde Nanjo und lassen sich wunderbar kombinieren.

Chinen Gusuku thront auf einer kleinen Anhöhe mit Blick aufs Meer. Ein verwachsener Pfad führt durch altes Gemäuer, vorbei an Torbögen und Ausblicken, die ehrfürchtig machen. Man steht inmitten jahrhundertealter Geschichte, ohne Zäune, ohne Absperrung – dafür mit ganz viel Atmosphäre.

Ein Stück weiter liegt Kakinohana Gusuku, fast schon vom Dschungel verschluckt. Über moosige Stufen erreicht man diesen vergessenen Ort, an dem Natur und Vergangenheit eins werden. Kleine Gebetsstellen und die Überreste der Mauern erzählen leise von früheren Zeiten.

Beide Plätze sind frei zugänglich, selten besucht und absolut magisch – besonders bei Sonnenaufgang oder kurz vor Einbruch der Dämmerung.


4. Hamabe no Chaya – Ein Café wie aus der Zeit gefallen

Im Süden der Hauptinsel, in Nanjo, liegt dieses einfache, aber wunderbar stimmungsvolle Café direkt am Meer. Von außen fast unscheinbar, offenbart sich im Inneren eine friedliche Welt aus Tatami-Matten, leisen Stimmen und dem Duft frisch gebrühten Kaffees.
Durch die großen Fensterfronten blickt man auf das Wasser, das direkt unter der Terrasse glitzert. Besonders bei Ebbe kann man beobachten, wie sich das Meer langsam zurückzieht und kleine Krabben über den Sand huschen. Dazu ein Glas kalter Shikuwasa-Saft oder ein warmer Süßkartoffel-Kuchen – mehr braucht es nicht.


5. Dream Hole (Manza) – Das verborgene Lichtspiel unter Wasser

Etwas südlich von Onna, in der Nähe des bekannten Manza Cape, liegt ein Ort, der selbst unter Tauchern kaum bekannt ist – das Dream Hole. Dabei handelt es sich um eine natürliche Felsspalte unter Wasser, durch die Sonnenlicht eindringt und das Wasser in ein schimmerndes Blau verwandelt.

Erreichbar ist die Höhle nur per Boot – meist mit einem lokalen Anbieter. Der Tauchgang führt durch einen Felsdurchbruch in rund 30 Meter Tiefe. Dort eröffnet sich eine fast meditative Unterwasserwelt: Licht fällt durch zwei Öffnungen, reflektiert an den Felswänden und schafft ein Gefühl, als würde man durch ein lebendiges Gemälde schweben.

Ideal ist das Dream Hole für erfahrene Taucher oder Schnorchler mit Guide. Hier gibt es keine Touristenmassen, keine Ablenkung – nur Stille, Licht, Wasser. Wer das Außergewöhnliche sucht, findet hier einen der intensivsten Orte Okinawas.


6. Miyagi-jima – Einsamkeit mit Aussicht

Die winzige Insel Miyagi-jima liegt östlich der Hauptinsel und ist über die Kaichu-Doro-Brücke erreichbar. Viele Besucher fahren weiter zur bekannteren Ikei Island – doch Miyagi-jima wird oft links liegen gelassen.
Ein Fehler. Die Insel ist kaum besiedelt, der Wind weht hier etwas kräftiger, das Licht erscheint heller, klarer.
Ein kleiner Wanderweg führt zu einem Felsvorsprung, von dem aus man das weite Meer überblickt. Kein Mensch weit und breit. Nur du, der Himmel, das Wasser – und vielleicht ein paar Ziegen, die sich durchs Unterholz schlagen.


7. Fukugi Tree Road (Bise Village)

Ein Spaziergang durch Bise ist wie eine Zeitreise. Das Dorf liegt unweit des Okinawa Churaumi Aquariums, doch nur wenige Touristen verirren sich in die schattigen Alleen, die von jahrhundertealten Fukugi-Bäumen gesäumt sind.
Die Luft ist hier kühler, das Licht gedämpft, das Tempo langsamer. Man hört das Summen von Insekten, das Plätschern von Wasser aus Brunnen und manchmal ein leises „Konnichiwa“ von älteren Bewohnern, die vor ihren Häusern sitzen.
Besonders schön ist es am späten Nachmittag, wenn die Sonne tief steht und goldene Lichtstreifen durch das Blätterdach tanzen.


8. Sesoko Island – Inselglück ohne Schnickschnack

Sesoko liegt nur eine kurze Autofahrt von Motobu entfernt und ist über eine Brücke erreichbar. Während die Nachbarinsel Ie-shima immer mehr Touristen anzieht, bleibt Sesoko erstaunlich ruhig.
Der Strand ist fein, hell und weit – mit seichtem Wasser, ideal zum Schwimmen oder einfach nur, um stundenlang ins Nichts zu starren.
Es gibt keine Resorts, kaum Cafés, keine Jet-Ski-Angebote. Nur Natur, Wellen, Sand – und vielleicht das Gefühl, Okinawa wirklich zu erleben, so wie es war, bevor der große Tourismus kam.


9. Sefa Utaki – Spirituelles Okinawa

Auch wenn Sefa Utaki offiziell zum Weltkulturerbe zählt, wirkt dieser Ort wie ein gut gehütetes Geheimnis. Kein großes Schild, keine imposante Eingangshalle – nur ein schmaler Pfad, der dich in einen mystischen Wald führt.
Zwischen alten Bäumen und Felsformationen liegt ein heiliger Ort der Ryūkyū-Religion. Noch heute spürt man die Bedeutung, die dieser Platz einst hatte – nicht durch Schilder oder Ausstellungen, sondern durch Atmosphäre.
Ein Ort zum Schweigen, zum Atmen, zum Spüren.


10. Nirai-Kanai Bridge – Der Blick in die Ewigkeit

Diese spektakuläre, geschwungene Brücke im Süden der Insel ist bekannt – aber kaum jemand hält wirklich an. Dabei lohnt sich genau das: kurz anhalten, aussteigen, über die Leitplanke schauen.
Die Straße schwebt förmlich über dem Urwald, und dahinter breitet sich das Meer aus – ruhig, glitzernd, scheinbar unendlich.
Wenn du Glück hast, ist kein anderes Auto unterwegs, und du stehst allein zwischen Himmel und Wasser. Vielleicht einer der friedlichsten Momente auf Okinawa.


Praktische Tipps für deine geheime Reise

  • Mietwagen mit Navi oder Google Maps – Viele dieser Orte sind ohne Auto kaum zu erreichen. Denke auch daran, wenn du aus Deutschland oder der Schweiz kommst, deinen Führerschein vorher ins Japanische übersetzen zu lassen, da ein internationaler FS nicht anerkannt wird.
  • Pack Wasser und Snacks ein – An einsamen Stränden oder auf kleinen Inseln gibt es oft keine Läden.
  • Respektiere die Natur und Kultur – Hinterlasse keinen Müll, sei leise an spirituellen Orten.
  • Plane flexibel – Viele dieser Orte entfalten ihren Zauber nur, wenn man ohne Eile unterwegs ist.
  • Sprich mit Einheimischen – Oft bekommst du so noch bessere Tipps, als jeder Artikel je liefern kann.

Fazit

Okinawa ist ein Mosaik aus Geschichten, Farben und Geräuschen – und manche der schönsten Kapitel liegen gut versteckt. Man muss sie suchen. Oder sich finden lassen. Die zehn Orte in diesem Artikel sind keine Touristenattraktionen, sondern stille Wegweiser zu einer anderen Art zu reisen: tiefer, langsamer, echter.

Wenn du bereit bist, den gewohnten Weg zu verlassen, wartet ein Okinawa auf dich, das du so schnell nicht vergessen wirst.

Von uchinaa

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